NEWSLETTER 02/2023

Aktuelles im Arbeitsrecht (Alice Mlýnková)

 In den folgenden Abschnitten möchten wir Ihnen einige der Neuerungen vorstellen, die der Bereich des Arbeitsrechts im neuen Kalenderjahr begrüßt hat. Einige von ihnen sind bereits Teil der geltenden Rechtsvorschriften, andere wurden vom tschechischen Obersten Gerichtshof in seiner Rechtsprechung entschieden. Nach wie vor gilt, dass wir im Jahr 2023 die anstehende Änderung des Arbeitsgesetzbuchs aufmerksam verfolgen werden, die sich auf eine Reihe von arbeitsrechtlichen Rechtsinstituten auswirken kann, wie z.B. Vereinbarungen über außerhalb des Arbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit, Heimarbeit, Elternzeit und andere.

 

Vaterschaftsurlaub  

 Seit dem 01. Dezember 2022 enthält das tschechische Arbeitsgesetzbuch eine neue Bestimmung, nämlich § 195a, die das Recht eines Arbeitnehmers – eines Vaters auf Vaterschaftsurlaub im Zusammenhang mit der Geburt und Betreuung eines Kindes für den Zeitraum festlegt, in dem der Arbeitnehmer Vaterschaftsgeld beziehen kann. Diese Sozialleistung wird aus dem Krankenkassensystem bis zu zwei Wochen lang gewährt, früher war es dagegen nur eine Woche. Früher gab es den offiziellen Begriff „Vaterschaftsurlaub“ nicht, und der Arbeitnehmer/Vater nahm Elternurlaub (Elternzeit). Darüber hinaus gibt es jetzt auch einen Vaterschaftsurlaub in der schwierigen Situation einer Totgeburt oder eines Todesfalls innerhalb von 6 Wochen nach der Geburt. Um Anspruch auf die gegenständliche Sozialleistung zu haben, muss der Arbeitnehmer den Vaterschaftsurlaub innerhalb von sechs Wochen nach der Geburt oder der Aufnahme des Kindes in die Betreuung nehmen. Der genaue Zeitpunkt des Beginns kann vom Arbeitnehmer nach seinen individuellen Bedürfnissen festgelegt werden. Der Arbeitnehmer hat bei seinem Arbeitgeber einen Antrag auf Vaterschaftsurlaub zu stellen und er reicht mittels seines Arbeitgebers einen Antrag auf Vaterschaftsgeld bei dem zuständigen Sozialversichersicherungsträger ein. Wie beim Elternurlaub (Elternzeit) ist es möglich, dass sowohl der Vater als auch die Mutter des Kindes zur gleichen Zeit Freizeitausgleich/Elternzeit in Anspruch nehmen. So nimmt die Mutter des Kindes unmittelbar nach der Geburt des Kindes Mutterschaftsurlaub, und der Vater nimmt Vaterschaftsurlaub, woraufhin sie Elternzeit nehmen können. In beiden Fällen gilt für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer der einschlägige Kündigungsschutz des Arbeitgebers, und der Arbeitgeber ist gleichermaßen verpflichtet, die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer nach dem Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub an ihrem bzw. seinem ursprünglichen Arbeitsplatz wieder einzustellen.

 

Neufassung der Bekanntmachung über arbeitsmedizinische Dienstleistungen

 Mit Beginn des neuen Jahres wurde auch die Verwaltung der Arbeitgeber in gewissem Maße entlastet, denn seit dem 01. Januar 2023 entfällt die Verpflichtung zur automatischen Durchführung regelmäßiger arbeitsmedizinischer Untersuchungen für Arbeitnehmer der ersten und zweiten Kategorie hinsichtlich der Gefährlichkeit der ausgeübten Arbeit gemäß dem Gesetz über den Schutz der öffentlichen Gesundheit (bei Fehlen von Risikofaktoren) sowie generell für Arbeitnehmer, die auf der Grundlage einer Vereinbarung über die Arbeitsleistung bzw. einer Vereinbarung über die Arbeitstätigkeit arbeiten. Neuerdings sind solche Untersuchungen nur noch erforderlich, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt. Für die verbleibende dritte und vierte Kategorie müssen weiterhin regelmäßige Untersuchungen durchgeführt werden, und es besteht weiterhin die Verpflichtung, für alle Arbeitsstellen eine ärztliche Erstuntersuchung vor Einstellung durchzuführen. Außerdem wird die Häufigkeit der obligatorischen arbeitsmedizinischen Überwachung am Arbeitsplatz des Arbeitgebers von 1 auf 3 Jahre reduziert, in einigen Fällen sogar nur nach Ermessen des Arbeitgebers oder des Anbieters arbeitsmedizinischer Dienste.

 

Der tschechische Oberste Gerichtshof hat Stellung zur Inanspruchnahme von unbezahltem Urlaub genommen  

Wie wir im vergangenen Jahr im Abschnitt „Aktuelles“ unserer Webseite dargelegt haben, hat der tschechische Oberste Gerichtshof in erheblichem Maße in die relativ weit verbreitete Covid-Praxis eingegriffen, bei der Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern Vereinbarungen über unbezahlten Urlaub (z.B. wegen der Schließung des Betriebs während des Lockdowns) für den Fall getroffen haben, dass es für die Arbeitnehmer keine Arbeit gibt. Auf diese Art und Weise versuchten die Arbeitgeber, die Arbeitnehmerentlassungen zu vermeiden, wenn sie wirtschaftlich nicht in der Lage waren, die Kosten für einen 100%igen Lohnausgleich für das auf Seiten des Arbeitgebers liegende Arbeitshindernis längerfristig zu tragen. In seinem Urteil vom 23.08.2022, Az.: 21 Cdo 496/2022, hat der tschechische Oberste Gerichtshof diese Vorgehensweise jedoch für rechtswidrig erklärt, da ein Arbeitnehmer in diesem Falle nicht rechtsgültig auf seinen Anspruch auf Lohnausgleich verzichten kann, wenn ein Arbeitshindernis auf Seiten des Arbeitgebers liegt. Auf diese Weise geschlossene Vereinbarungen werden daher nicht berücksichtigt. Die Inanspruchnahme von unbezahltem Urlaub sollte daher künftig nur auf einer schriftlichen Vereinbarung beruhen, in der der Grund für die Vereinbarung hinreichend beschrieben ist, so dass sie nicht mit einem Hindernis auf Seiten des Arbeitgebers oder mit einer Behinderung des Arbeitnehmers verwechselt werden kann, während derer der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnausgleich durch den Arbeitgeber hat. Die Gründe dafür sind insbesondere die Interessen und Bedürfnisse des Arbeitnehmers – beispielsweise sein Studium, ein Auslandsaufenthalt, der über den Urlaub des Arbeitnehmers hinausgeht, eine familiäre Situation usw. Andernfalls läuft der Arbeitgeber Gefahr, dass der Arbeitnehmer später seine Zustimmung zu der betreffenden Vereinbarung überdenkt und mit Aussicht auf Erfolg vor Gericht eine Abgeltung für die Zeit des „unbezahlten“ Urlaubs einklagt.

 

Aktueller Stand der Novellierung des tschechischen Arbeitsgesetzbuchs  

Obwohl es im Herbst letzten Jahres so erscheinen mochte, als stünde die Verabschiedung der Novellierung des Arbeitsgesetzbuchs zur Umsetzung der europäischen Richtlinien über die Transparenz der Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben unmittelbar bevor, sieht die Situation derzeit etwas anders aus. Bisher wurde eine große Anzahl von Anmerkungen  von einer Reihe von Einrichtungen bearbeitet, die sich zu dem ursprünglichen Entwurf des Ministeriums für Arbeit und Soziales geäußert haben. Die Novellierung steht also noch ganz am Anfang ihres legislativen Weges und wird nach unseren Informationen wahrscheinlich erst im Frühjahr die erste Lesung im Abgeordnetenhaus erreichen. Mit ihrem Inkrafttreten ist daher frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahres zu rechnen. Der endgültige Wortlaut der Novellierung ist ebenfalls mit einem Fragezeichen versehen, da in einer Reihe von Bereichen erhebliche Abweichungen vom ursprünglichen Entwurf zu erwarten sind. Wir werden Sie natürlich ausführlich informieren, sobald die Novellierung des Arbeitsgesetzbuchs ein fortgeschritteneres Stadium des Gesetzgebungsverfahrens erreicht hat.

 

Neben der Novellierung des tschechischen Arbeitsgesetzbuches ist auch eine Neufassung des Beschäftigungsgesetzes in Vorbereitung, die sowohl die Bedingungen für die Tätigkeit von Zeitarbeitsunternehmen als auch die Definition von Schwarzarbeit regelt. Künftig können die Kontrollbehörden also immer dann auf Schwarzarbeit schließen, wenn sie feststellen, dass die Arbeit von einem Arbeitnehmer persönlich in einem Überordnungsverhältnis bzw. einem  Unterordnungsverhältnis im Namen und nach Weisungen des Arbeitgebers außerhalb des Arbeitsverhältnisses erbracht wird. Es wird nicht mehr ausschlaggebend sein, wie lange die Arbeit schon so ausgeführt wird.

 

Verbraucherschutz (Soňa Macurová)

 Am 06. Januar 2023 trat eine Novellierung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Verbraucherschutzgesetzes in Kraft, die die Stellung der Verbraucher im Rechtsverkehr mit Unternehmen verbessern soll. Nachstehend finden Sie einen Überblick über die interessantesten Neuerungen.

 

Besserer Schutz beim Online-Shopping

  •  Wenn ein Unternehmen Verbraucherbewertungen veröffentlicht, muss es offenlegen, ob und wie es feststellt, dass die veröffentlichte Bewertung von einem Verbraucher stammt, der das Produkt tatsächlich gekauft hat. Wenn der Gewerbetreibende nicht nachprüfen kann, ob die Bewertung tatsächlich vom Käufer verfasst wurde, darf er nicht angeben, dass die Bewertung von einem Verbraucher stammt. Darüber hinaus ist es verboten, gefälschte Bewertungen zu veröffentlichen oder Verbraucherbewertungen falsch darzustellen bzw. zu verzerren.
  • Bessere Bedingungen für das Online-Shopping bringen auch neue Verpflichtungen für Online-Händler mit sich. Ein Online-Marktplatz ist eine Internetplattform, auf der eine große Zahl von gesonderten Einzelhändlern Produkte verkaufen kann. Dazu gehören insbesondere verschiedene Auktionsportale – Amazon, Ebay, Vinted usw.

 

Der Anbieter ist verpflichtet, den Käufer darüber zu informieren, ob es sich bei dem Verkäufer um ein Unternehmen / einen Gewerbetreibenden handelt, und wenn nicht, muss der Käufer darauf hingewiesen werden, dass sein Kauf nicht dem Verbraucherschutz unterliegt. Außerdem muss der Käufer darüber informiert werden, welche Verpflichtungen aus dem etwaigen Kaufvertrag dem Online-Marktplatzanbieter und dem Verkäufer erwachsen.

 

Eine ebenso wichtige Informationspflicht besteht darin, den Käufer über die wichtigsten Parameter zu informieren, die die Rangfolge der eingereichten Angebote bestimmen.

 

  • Die Käufer müssen sich jetzt auch darüber im Klaren sein, dass sie sich zur Zahlung verpflichten. Bei einem elektronischen Vertragsabschluss, bei dem der nächste Schritt der Vertragsabschluss und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung der Ware ist, muss die Schaltfläche mit dem gut lesbaren Hinweis „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer anderen gleichartigen Formulierung mit derselben Bedeutung versehen werden.

 

  • Die Waren müssen innerhalb von dreißig Tagen an den Kunden geliefert werden, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart.

 

Kein Vertragsabschluss mehr bei telefonischen Angeboten

  •  Wenn der Gewerbetreibende telefonisch Dienstleistungen oder Waren anbietet, ist er verpflichtet, den Verbraucher über seine Identität und den geschäftlichen Zweck des Anrufs zu informieren. Stimmt der Kunde dem Angebot zu, ist der Gewerbetreibende verpflichtet, dem Kunden das Angebot in Textform (z.B. per E-Mail) zu übermitteln, und der Kunde ist erst dann an das Angebot gebunden, wenn er sein Einverständnis auf elektronischem Wege oder durch Unterzeichnung einer Bestätigung des Angebots auf einer Urkunde erklärt hat. Daher ist der Kunde nicht an die Annahme des Angebots nur per Telefon gebunden.

 

Neuerungen der Mängelhaftung

 

  • Der Zeitraum, für den die Vermutung gilt, dass die Sache bereits bei Übernahme mangelhaft war, wurde von 6 Monaten auf 12 Monate verlängert. Wenn der Verkäufer die Reklamation ablehnen will, muss er also beweisen, dass der Gegenstand bei der Übernahme nicht mangelhaft war.

 

  • Neu geregelt wird die Haftung für mangelhafte Leistungen bei Verträgen, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Inhaltsdienste zum Gegenstand haben (z.B. Anwendungen, Bereitstellung von Cloud-Speicher, Computerprogramme, E-Books).

 

Keine vorgetäuschten Rabatte mehr

 

  • Die Unternehmen/Gewerbetreibenden sind verpflichtet, den Verbrauchern den niedrigsten Preis mitzuteilen, zu dem das Unternehmen / der Gewerbetreibende die Waren 30 Tage lang verkauft hat, bevor der Rabatt gewährt wird. Diese Verpflichtung gilt nicht für Erzeugnisse mit kurzer Haltbarkeitsdauer und leicht verderbliche Erzeugnisse.

 

Erweiterte Vertragsrücktrittsmöglichkeiten

 

  • Ist der Verbraucher Opfer unlauterer Praktiken, hat er das Recht, innerhalb von 90 Tagen nach Vertragsabschluss vom Vertrag zurückzutreten (ggf. zusätzlich eine Preisminderung zu verlangen).
  • Bei Verträgen, die außerhalb der Geschäftsräume während einer vom Unternehmer organisierten Reise oder während eines unaufgeforderten Besuchs des Unternehmers / des Gewerbetreibenden in der Wohnung des Verbrauchers – so genannte Haustürgeschäfte – geschlossen werden, ist der Verbraucher nun berechtigt, innerhalb von 30 Tagen von dem auf diese Art und Weise geschlossenen Vertrag zurückzutreten (bisher betrug die Rücktritts-/Widerrufsfrist 14 Tage).
  • Der Verbraucher hat nun das Recht, von einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag durch welche eindeutige Erklärung auch immer gegenüber dem Unternehmen/Gewerbetreibenden zurückzutreten. Die Unternehmen / Gewerbetreibenden dürfen daher keine formalen Anforderungen an die Möglichkeit des Widerrufs stellen.

 

Verbot einer Doppelqualität von Konsumgütern

  •  Es ist verboten, Erzeugnisse als identisch mit einem in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verkauften Erzeugnis zu verkaufen, obwohl dieses Erzeugnis eine wesentlich andere Zusammensetzung oder andere Merkmale aufweist, es sei denn, dies ist durch berechtigte und objektive Tatsachen gerechtfertigt.

 

Keine missbräuchlichen Klauseln mehr

  •  Unternehmen/Gewerbetreibenden ist es untersagt, missbräuchliche Klauseln in Verträgen mit Verbrauchern zu verwenden. Eine missbräuchliche Klausel ist eine Klausel, die zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Ungleichgewicht der Rechte oder Pflichten zwischen den Vertragsparteien schafft (z.B. Ausschluss oder Einschränkung von Rechten bei mangelhafter Leistung/Erfüllung oder von Schadensersatzansprüchen). Ein Verstoß gegen das besagte Verbot ist eine Ordnungswidrigkeit.

 

Schutz des guten Rufs von juristischen Personen (Patrik Stonjek)

 Bei natürlichen Personen kann der Begriff des guten Rufes mit der persönlichen Ehre oder dem guten Namen verglichen werden. Kann man aber auch bei juristischen Personen, d.h. künstlich geschaffenen Rechtsgebilden, von gutem Ruf sprechen? Sicherlich ja. Auch bei juristischen Personen ist es ein sehr wichtiges Merkmal ihres „Bestehens“, das insbesondere bei juristischen Personen, die ein Unternehmen betreiben, häufig über den Erfolg ihrer Tätigkeit entscheidet. Es ist daher selbstverständlich, dass das Gesetz den Ruf von natürlichen und juristischen Personen schützt.

 

Der Ansatz der Gerichte zum Schutz eines guten Rufs juristischer Personen

 Im November letzten Jahres befasste sich das Stadtgericht Prag in der Rechtssache 22 Co 200/2022 mit einem sehr interessanten Fall, in dem es um die Beeinträchtigung des guten Rufs einer juristischen Person ging: Die Klägerin – eine juristische Person, die sich mit der Bienenzucht befasst – machte den Schutz ihres guten Rufs geltend, indem sie gegen eine juristische Person – einen Verein, der verschiedene Personen umfasst – klagte, der sich mit der Bienenzucht befasste. Die Rufschädigung der Klägerin soll im Jahr 2017 erfolgt sein, als in der Januarausgabe einer von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift ein Artikel abgedruckt wurde, in dem ausgewählte Bienenstöcke aus der Sicht des Verbrauchers bewertet wurden, darunter auch ein Bienenstock, dessen Herstellerin die Klägerin sein sollte und der nach Ansicht des Verfassers des fraglichen Artikels von sehr niedriger Qualität war. Da die Klägerin mit dem Inhalt des fraglichen Artikels nicht einverstanden war, der ihr ihrer Meinung nach Schaden und immateriellen Nachteil zugefügt hatte, beschloss sie, sich vor Gericht zu verteidigen.

 

In dem zitierten Gerichtsverfahren machte die Klägerin geltend, dass sie den getesteten Bienenstock nicht hergestellt habe. Allerdings wurde bei dem Test ein weiterer Bienenstock bewertet, der ebenfalls der Klägerin zugeschrieben wurde und der ebenfalls fehlerhaft gewesen sein soll. Aus der Bewertung dieses zweiten Bienenstocks gehe jedoch der Klägerin zufolge nicht hervor, welche Mängel dieser Bienenstock aufgewiesen habe und welche Bewertungskriterien bei seiner Beurteilung berücksichtigt worden seien. Da die Klägerin mit dem Inhalt des betreffenden Artikels nicht einverstanden war, verlangte sie mit der erhobenen Klage a) die Möglichkeit, in der Zeitschrift der Beklagten eine Erwiderung auf den Artikel der Beklagten zu veröffentlichen, b) eine Entschuldigung der Beklagten und c) nicht zuletzt die Zahlung eines Betrags von 400 000,- CZK als angemessenen Ersatz für den ihrem guten Ruf zugefügten immateriellen Schaden.

 

Einer der zentralen Punkte in diesem Streitfall war die Rechtsfrage, ob auch eine juristische Person einen Anspruch auf angemessene Entschädigung (Genugtuung) hat, wenn ihr guter Ruf beeinträchtigt  wurde, da weder das Bürgerliche Gesetzbuch noch eine andere Rechtsvorschrift ein solches Recht im Gegensatz zu natürlichen Personen ausdrücklich gewährt, es sei denn, dieses Recht wurde vereinbart. Das erstinstanzliche Gericht entschied in seinem Urteil, dass dies nicht der Fall sei, und stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik in der Rechtssache 23 Cdo 327/2021. Es stellte fest, dass natürliche und juristische Personen zwar in vielerlei Hinsicht die gleichen Rechte hätten, dies aber hier nicht der Fall sei, da das Bürgerliche Gesetzbuch  juristischen Personen kein solches ausdrückliches Recht einräume. Er wies ferner darauf hin, dass juristische Personen in bestimmten Situationen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (Genugtuung) haben, nicht jedoch, wenn ihr guter Ruf beeinträchtigt sei.

 

Das Berufungsgericht war mit der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts und damit des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik nicht einverstanden und änderte das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts ab, indem es der Klägerin u.a. einen Betrag von 100.000,- CZK als angemessene Entschädigung (Genugtuung) für den ihrem guten Ruf zugefügten immateriellen Nachteil zusprach. Das Berufungsgericht räumte ein, dass das Bürgerliche Gesetzbuch keinen Anspruch einer juristischen Person auf eine angemessene Entschädigung (Genugtuung) im Falle einer Rufschädigung vorsieht, wenn dieser nicht vereinbart wurde, doch handele es sich um eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden müsse.

 

Die ganze Begründung und die Erwägungen des Berufungsgerichts können insgesamt als sehr überzeugend angesehen werden und führen zu einem gerechten Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits und zu einer ordnungsgemäßen Regelung der Rechte und Pflichten der Klägerin und der Beklagten. Die Argumentation des Berufungsgerichts lässt sich jedoch durch Folgendes weiter untermauern. Die Rufschädigung natürlicher und juristischer Personen tritt häufig / in der Regel dann ein, wenn zwischen den betroffenen Personen – dem Schädiger und dem Geschädigten – keine vertragliche Beziehung besteht. In solchen Fällen kann das Recht auf eine angemessene Entschädigung (Genugtuung) für den durch die Beeinträchtigung des guten Rufs des Geschädigten verursachten immateriellen Nachteil logischerweise nicht vereinbart werden. Hätten juristische Personen dieses Recht nicht, wäre es möglich, ihnen fast ungestraft einen immateriellen Schaden durch die Beeinträchtigung ihres guten Rufs zuzufügen. Eine solche absurde Schlussfolgerung kann nicht akzeptiert werden, und daher kann man der Argumentation des Stadtgerichts Prag zustimmen.

 

Es sei darauf hingewiesen, dass gegen die vorgenannte Entscheidung des Stadtgerichts Prag Berufung eingelegt wurde, über die der Oberste Gerichtshof der Tschechischen Republik entscheiden wird. Es ist somit fraglich, wessen Rechtsauffassung in diesem Verfahren maßgebend sein wird.

 

Es gibt jedoch noch eine weitere wichtige Tatsache, die zu berücksichtigen ist. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf eine angemessene Entschädigung (Genugtuung) auch aus dem Schutz gegen unlauteren Wettbewerb abgeleitet, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des streitigen Artikels zu 100 % Gesellschafterin einer juristischen Person war, die wie die Klägerin in der Imkerei tätig war. Selbst wenn die Begründung des Berufungsgerichts, eine Gesetzeslücke zu schließen, keinen Bestand haben sollte, besteht daher eine gute Chance, dass der Oberste Gerichtshof der Tschechischen Republik seine Entscheidung nicht aufheben müsste, wenn er mit der rechtlichen Auslegung des Schutzes einer juristischen Person vor Rufschädigung nicht einverstanden ist.

   

Fazit

 Die Bedeutung eines guten Rufs bei natürlichen und juristischen Personen steht außer Frage. Bei natürlichen Personen spiegelt das Bürgerliche Gesetzbuch diese Tatsache vollständig wider. Ob dies auch bei juristischen Personen der Fall ist, ist noch nicht klar.

 

Das Stadtgericht Prag hat eine gut begründete Auslegung vorgelegt, die die Möglichkeit bietet, diese Frage zu klären, insbesondere im Hinblick auf das Recht einer juristischen Person auf eine angemessene Entschädigung (Genugtuung) für den durch die Beeinträchtigung ihres guten Rufs verursachten immateriellen Schaden. Sollte die Auslegung des Stadtgerichts Prag vor dem Obersten Gerichtshof der Tschechischen Republik Bestand haben, wäre dies ein wichtiges Signal für alle juristischen Personen, deren guter Ruf außerhalb des Wettbewerbs beeinträchtigt wurde, dass sie (unter anderem) eine angemessene, in Geld ausgedrückte Entschädigung (Genugtuung) verlangen und geltend machen können.

 

Verlängerung des vorübergehenden Schutzes und der Toleranzvisa (Patrik Stonjek)

Am 24.01.2023 wurde eine Novellierung des Gesetzes Nr. 65/2022 GBl. über bestimmte Maßnahmen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt auf dem Territorium der Ukraine infolge des Einmarsches der Armee der Russischen Föderation verabschiedet.

Diese Gesetzesnovellierung betrifft überwiegend die Verlängerung des vorübergehenden Schutzes und der Toleranzvisa, die insbesondere Flüchtlingen aus der Ukraine gewährt werden. Auf der Grundlage dieser beiden Aufenthaltstitel haben ihre Inhaber (unter anderem) freien Zugang zum tschechischen Arbeitsmarkt. Daher benötigen sie auch als Ausländer aus Drittstaaten keine Arbeitsgenehmigung, um auf dem Gebiet der Tschechischen Republik eine abhängige Arbeit (in einem Arbeitsverhältnis) zu verrichten.

Der Aufenthalt eines Inhabers des vorübergehenden Schutzes gilt als vorübergehender Schutz (im Sinne einer Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung) bis zum 31.03.2024, wenn beide der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

(a) der Inhaber des vorübergehenden Schutzes registriert sich bis zum 31.03.2023 unter Verwendung eines auf der Webseite des tschechischen Innenministeriums veröffentlichten elektronischen Formulars ; und

(b) er findet sich anschließend bis zum 30.09.2023 persönlich bei einer Geschäftsstelle des Innenministeriums ein, um die Visumsmarke anbringen zu lassen.

Das bedeutet, dass der vorübergehende Schutz erlischt, wenn die Inhaber des vorübergehenden Schutzes diese beiden Schritte nicht unternehmen. Daher ist es wichtig, sich sowohl online anzumelden als auch einen persönlichen Termin wahrzunehmen.

Bei Inhabern eines Toleranzvisums ist das ganze Verfahren viel einfacher, da die Verlängerung dieser Visa kraft Gesetzes automatisch erfolgt. Die Inhaber dieser Visa müssen daher nichts tun. Sie können jedoch beim Innenministerium erscheinen, um ihre Visumsmarke anbringen zu lassen, wenn sie dies wünschen.

Im Zusammenhang mit der hier erörterten Gesetzesnovellierung kann es für Arbeitgeber ratsam sein, ihre Arbeitnehmer, die einen vorübergehenden Schutz genießen, auf die vorstehend genannten Punkte hinzuweisen. Im Falle des Erlöschens des vorübergehenden Schutzes würden die Arbeitgeber nämlich die Ordnungswidrigkeit der Beihilfe zur illegalen Beschäftigung begehen, wenn sie diese Arbeitnehmer weiter beschäftigen.

  

Neuerungen im Bereich der Gehalts-/Lohnabrechnung ab Januar 2023 (Petr Benda)


Mindestlohnerhöhung  

 Die tschechische Regierung hat beschlossen, den monatlichen Mindestlohn seit dem 01.01.2023 auf 17.300,- CZK (von 16.200,- CZK) zu erhöhen. Gleichzeitig wurde der sogenannte Garantielohn erhöht (nur in einer von acht Kategorien). Mit der Erhöhung des Mindestlohns werden u.a. auch die maximale Steuerermäßigung für die Unterbringung eines Kindes in einer Vorschuleinrichtung (das so genannte „Kita-Geld“), die Grenze für die Freistellung von regelmäßig gezahlten Altersrenten (das 36-fache des Mindestlohns) oder die Mindesteinkommensgrenze für den Anspruch auf die Zahlung eines Steuerbonus für ein Kind angehoben.


Erhöhung der maximalen jährlichen Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge

 Die maximale jährliche Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge wird für das Jahr 2023 auf 1.935.552,- CZK erhöht (im Jahr 2022 waren es 1.867.728,- CZK). Dieser Betrag ist auch für die Anwendung der Progression bei der Einkommensteuer von Bedeutung; Einkommen bis zu diesem Betrag unterliegen einem Steuersatz von 15 %, Einkommen über diesem Schwellenwert unterliegen einem Steuersatz von 23 %.


Obligatorische Abgabe von Steuererklärungen natürlicher Personen

 Arbeitnehmer, die über andere Einkünfte als Arbeitseinkommen verfügen, müssen für das Jahr 2023 (d.h. erst 2024) keine Steuererklärung abgeben, wenn ihr verbleibendes Einkommen 20.000,- CZK nicht übersteigt (Erhöhung von ursprünglich 6 TCZK). Sie können bei ihren Arbeitgebern – falls andere Voraussetzungen vorliegen – eine jährliche Verrechnung beantragen.

 

Inländische Reisekostenvergütung (Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit und Soziales Nr. 467/2022 GBl.)

 Die Pauschbeträge für inländische Dienstreisen und Wegstreckenentschädigungen wurden seit dem Januar 2023 wie folgt erhöht:

Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen

Pro Kalendertag einer Dienstreise steht dem Arbeitnehmer folgender Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen zu:

  1. a) 129,- CZK (Obergrenze für den öffentlichen Dienst 153,- CZK), falls die beruflich/betrieblich veranlasste Dienstreise 5 bis 12 Stunden dauert,
  2. b) 196,- CZK (Obergrenze für den öffentlichen Dienst 236,- CZK), falls die beruflich/betrieblich veranlasste Dienstreise 12 bis 18 Stunden dauert,
  3. c) 307,- CZK (Obergrenze für den öffentlichen Dienst 367,- CZK), falls die beruflich/betrieblich veranlasste Dienstreise mehr als 18 Stunden dauert.

Wegstreckenentschädigung

Der Arbeitnehmer hat bei einer Dienstreise im Falle der Nutzung seines eigenes Kraftfahrzeuges Anspruch auf eine Abnutzungsentschädigung von 5,20 CZK für jeden zurückgelegten Kilometer.

Die durchschnittlichen Kraftstoffpreise (wenn der Arbeitnehmer nicht den tatsächlich gezahlten Preis anwendet) betragen:

  1. a) 41,20 CZK/l bei Benzin Natural 95
  2. b) 45,20 CZK/l bei Benzin Natural 98
  3. c) 44,10 CZK/l bei Dieselkraftstoff
  4. d) 6,- CZK/kWh beim Strom


Reisekostenerstattung bei Auslandsdienstreisen

Bei Auslandsdienstreisen in einige Länder (in Europa z.B. Polen, Finnland, Schweden oder Dänemark) wurden die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen erhöht.


Bargeldzuschuss für Verpflegung

 Die Anhebung der Verpflegungspauschalen im öffentlichen Dienst für Dienstreisen im Inland wirkt sich u.a. auf die Anhebung des Höchstbetrags der Verpflegungspauschale (sog. Essensgutschein-Verpflegungspauschale), die für den Arbeitnehmer steuerfrei ist, auf 107,10 CZK (153,- CZK x 70 %) aus. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine höhere Verpflegungspauschale, unterliegt der die Grenze von 107,10 CZK übersteigende Betrag der Besteuerung (und der Abführung von hierauf entfallenden Sozial- und Krankenversicherungsbeiträgen).

 

Essensgutscheine (steuerliche Abzugsfähigkeit auf Seiten des Arbeitgebers)

 Die Anhebung der Höchstbeträge für Verpflegungspauschalen im öffentlichen Dienst für Dienstreisen im Inland hat auch zur Folge, dass der steuerlich absetzbare Betrag der Verpflegungspauschale, die in geldwerter Form von Essensgutscheinen gewährt wird, auf 107,10 CZK (153 CZK x 70 %) steigt.


Ermäßigung auf Sozialversicherungsbeiträge bei Teilzeitbeschäftigung

 Ab Februar 2023 können Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge für ausgewählte Gruppen von Teilzeitbeschäftigten um 5 Prozentpunkte senken (d.h. 19,8 % statt 24,8 %). Nähere Informationen finden Sie in unserem Newsletter vom Dezember 2022.

 

Umsatzsteuerliche Neuerungen 2023 (Milena Drábová)

 Am 01. Januar 2023 trat eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes in Kraft, die vor allem darauf abzielte, den Verwaltungsaufwand für kleinere Unternehmer zu verringern, indem die Grenze für die obligatorische umsatzsteuerliche Registrierung auf 2.000.000,- CZK angehoben und die mit der Einreichung von Kontrollmeldungen verbundenen Strafen verringert wurden.

 

Anhebung der Umsatzgrenze für umsatzsteuerliche Registrierung

 Die wichtigste Änderung ist eindeutig die Anhebung der Umsatzgrenze für die Registrierungspflicht von 1 Mio. CZK auf 2 Mio. CZK für 12 aufeinanderfolgende, unmittelbar vorangegangene Kalendermonate. Dies bedeutet unter anderem, dass ein Umsatzsteuerpflichtiger mit Sitz in der Tschechischen Republik, der keine Unternehmensgruppe ist, die Aufhebung der umsatzsteuerlichen Registrierung beantragen kann, wenn seit dem Tag, an dem er Umsatzsteuerpflichtiger wurde, ein Jahr vergangen ist und der Umsatzsteuerpflichtige in den zwölf unmittelbar vorangegangenen aufeinanderfolgenden Kalendermonaten keinen Umsatz von mehr als 2.000.000,- CZK erzielt hat.

 

Neuerungen im Bereich von Kontrollmeldungen

 Die ursprüngliche Frist von fünf Tagen für die Beantwortung einer Aufforderung zur Änderung, Ergänzung oder Bestätigung einer eingereichten Kontrollmeldung wird bei Zustellung an ein Datenpostfach auf 17 Tage verlängert. Diese Frist beginnt jedoch bereits mit dem Datum der Lieferung  der Aufforderung und nicht mit dem Datum der Zustellung. Je früher der Steuerpflichtige somit Kenntnis von der Aufforderung nimmt, desto mehr Zeit hat er, um eine zusätzliche Kontrollmeldung  nachzureichen. Die Frist von fünf Tagen für die Beantwortung der Aufforderung zur Einreichung einer Kontrollmeldung wurde jedoch beibehalten. Der Steuerpflichtige muss nun auch eine „Null-Kontrollmeldung“ einreichen, indem er bei der Einreichung der Kontrollmeldung die Option „Schnelle Antwort auf eine Aufforderung zur Einreichung“ aus dem Menü auswählt: „Ich bin nicht verpflichtet, eine Kontrollmeldung einzureichen“.

 

Die Änderung betrifft auch das Sanktionssystem für die USt.-Kontrollmeldung, insbesondere die Verringerung der Strafen für die Nichteinreichung einer USt.-Kontrollmeldung. Die Strafen für die Nichtvorlage einer Kontrollmeldung (mit Ausnahme einer Geldstrafe von 1.000 CZK) wurden halbiert, wenn es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine natürliche Person mit einem vierteljährlichen Veranlagungszeitraum oder um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit nur einer natürlichen Person als Gesellschafter handelt.

Nach den entsprechenden Übergangsbestimmungen gelten die Voraussetzungen für den halben Bußgeldbetrag auch für Bußgeldfälle, die vor Inkrafttreten der geänderten Fassung des Umsatzsteuergesetzes entstanden sind und über die bis zum Inkrafttreten der Gesetzesnovellierung, d.h. bis zum 31.12.2022, nicht rechtskräftig durch einen Zahlungsbescheid entschieden worden ist.

 

Die Steuerverwaltung hat Informationen zu den geänderten, novellierten Bereichen herausgegeben, insbesondere zu den Informationen über die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes mit Wirkung vom 01.01.2023 – Bereich der Umsatzsteuer-Kontrollmeldung und den Informationen über die Novellierung des Umsatzsteuergesetzes mit Wirkung vom 01.01.2023 über die Regeln für den Übergangszeitraum im Zusammenhang mit der Erhöhung des Umsatzwertes (des Schwellenwertes) für die Begründung der Umsatzsteuerpflicht.

 

Steuerbelege bei Dreiecksgeschäften (Lenka Pazderová)

 Im Dezember 2022 veröffentlichte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) seine Entscheidung in der Rechtssache C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, in der es um die Frage ging, ob das Fehlen des Hinweises „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf einer Rechnung die Anwendung der vereinfachten Umsatzsteuerregelung (Vereinfachungsregel) für Dreiecksgeschäfte beeinträchtigt.

 

Im Streitfall ging es um ein österreichisches Unternehmen, die Luxury Trust Automobil GmbH, einen Makler und Händler von Luxusfahrzeugen, der 2014 die Fahrzeuge im Vereinigten Königreich kaufte und sie anschließend an M s.r.o., ein Unternehmen mit Sitz in der Tschechischen Republik, lieferte, wobei die Fahrzeuge aus dem Vereinigten Königreich direkt in die Tschechische Republik transportiert wurden. Die Luxury Trust Automobil GmbH stellte einen Beleg aus, in dem sie angab, dass es sich um ein steuerbefreites innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft handelte; der Beleg enthielt jedoch keinen Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf den Käufer der gegenständlichen Waren. Leider hat die M s.r.o. die Steuer auf den Erwerb der Waren in der Tschechischen Republik nicht abgeführt und wurde durch die Finanzverwaltung als Missing Trader geführt.

 

Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte ist eine freiwillige Entscheidung der zwischengeschalteten Person in der Geschäftskette (hier: Luxury Trust Automobil GmbH), die jedoch nur dann in den Genuss einer Befreiung von den allgemeinen Mehrwertsteuervorschriften kommen kann, wenn alle einschlägigen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Gerichtshof (EuGH) ist zum Schluss gelangt, dass der Enderwerber im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Umsatzsteuerschuldner bestimmt worden ist, wenn auf dem Steuerbeleg nicht angegeben ist, dass die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger greift, und damit eine der Grundvoraussetzungen für die Anwendung der Vereinfachungsregel verletzt wird. Daher kommen die Grundregeln zum Tragen, nach denen der Ort der Lieferung für den Erwerb von Gegenständen in dem Staat liegt, der dem Erwerber der Waren die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat (vorliegend: Österreich), es sei denn, er weist nach, dass der Erwerb der Gegenstände in dem Staat besteuert wurde, in dem die Beförderung der Gegenstände abgeschlossen wurde (hier: die Tschechische Republik). Da die Luxury Trust Automobil GmbH den Erwerb der Waren in der Tschechischen Republik nicht besteuert hat und auch der Endempfänger der Waren (M s.r.o.) die Umsatzsteuer nicht abgeführt hat, bestätigte der EuGH das Recht der österreichischen Steuerverwaltung, den Umsatz in Österreich zu besteuern.

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Frage, ob eine zusätzliche Berichtigung eines Steuerbelegs (die Aufnahme des Hinweises „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“) einen Verstoß gegen die Bedingungen der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte, d.h. rückwirkend zum Tag der Ausstellung der ursprünglichen Rechnung die wirksame Bestimmung des Endempfängers der Waren als Steuerschuldner beheben kann, verneint. Denn die erstmalige Ausstellung der geforderten Rechnung kann nicht rückwirkend erfolgen, so dass selbst wenn die Rechnung später um die fehlenden Angaben ergänzt wird, die Voraussetzungen für die Anwendung der Vereinfachungsregel zum Zeitpunkt des Erwerbs der Waren nicht erfüllt waren.

 

Aus der vorstehend genannten Gerichtsentscheidung ergibt sich, dass die Vermittler eines Dreiecksgeschäfts, wenn sie die Vereinfachungsregel für die Besteuerung des Erwerbs von Waren in Anspruch nehmen wollen, unter anderem konsequent dafür sorgen müssen, dass alle Angaben in den von ihnen ausgestellten Steuerbelegen beachtet werden, einschließlich des Hinweises auf „die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“.

Handelt es sich bei der zwischengeschalteten Person, die an dem Dreiecksgeschäft beteiligt ist, um eine in der Tschechischen Republik für umsatzsteuerliche Zwecke registrierte Person, so hat sie die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel für die Lieferung von Waren im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts in den Zeilen 30 und 31 ihrer Steuererklärung anzugeben. Die Steuerverwaltung der Tschechischen Republik und die Steuerverwaltung des Mitgliedstaates, in dem die Beförderung der Waren abgeschlossen wird (über das MIAS-System für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten), verfügen daher über Informationen über die Einrichtungen, die bei diesen Transaktionen den Status einer zwischengeschalteten Person haben, und es ist möglich, dass sie sich nach dem oben genannten Urteil nun verstärkt auf die Kontrolle dieser Einrichtungen im Rahmen von Steuerprüfungen konzentrieren werden.

 

Kurz zusammengefasst (Lenka Pazderová)

  •  In der Meldung von Einkünften aus Quellen in der Tschechischen Republik für beschränkt Steuerpflichtige, deren Frist in diesem Jahr bis zum 31. Januar 2023 läuft, sind Einkünfte auszuweisen, die in der Tschechischen Republik aufgrund einer Befreiung oder weil sie in der Tschechischen Republik aufgrund eines internationalen Abkommens nicht der Besteuerung unterliegen, nicht besteuert wurden, wenn in einem beliebigen Kalendermonat des Jahres 2022 der Betrag der gebuchten oder gezahlten Einkünfte 300.000 CZK überstieg. Meistens bezieht sich die Meldung auf Einkünfte aus Dividenden, Darlehens- und Kreditzinsen, Lizenzgebühren oder auf Einkünfte aus in der Tschechischen Republik erbrachten Dienstleistungen.
  • Für Selbstständige, die den Mindestbetrag an Anzahlungen auf Krankenversicherungsbeiträge zahlen, erhöht sich die Höhe der monatlichen Vorauszahlung ab Januar 2023 auf 2.722,- CZK. Dieser neue Betrag ist zum ersten Mal für Januar 2023 bis zum 08.02.2023 zu zahlen.
  • Bis spätestens 31.03.2023 richtet das Innenministerium ein Datenpostfach für alle Geschäftsleute ein. Die automatische Einrichtung eines Datenpostfachts gilt nur für diejenigen Unternehmer, die selbst kein Postfach eingerichtet haben oder nur als nichtunternehmerische natürliche Person einen Datenbriefkasten eingerichtet haben. Die Zugangsdaten werden den Unternehmern per Post (per Brief mit gelbem Streifen) zugestellt, meist an ihre Anschrift des ständigen Aufenthaltes. Sie sind dann verpflichtet, die Datenpostfächer für die Kommunikation mit dem Finanzamt zu nutzen; die Abgabe einer Steuererklärung in Papierform ist danach unzulässig.

 

Aktuelles in LTA

  •  LTA ist Mitglied von Pride Partners International geworden, einem internationalen Netzwerk von Beratungsunternehmen, die sich auf Verrechnungspreise spezialisieren.
  • Herr Alexander Novák, Steuerberater, der in LTA seit 2017 tätig ist, wurde zum Partner ernannt.
  • LTA bereitet für März 2023 ein Webinar zum Thema Insolvenz – rechtliche und steuerliche Aspekte vor.

Newsletter herunterladen:  Newsletter_LTA23_DE