Newsletter – Novellierung des Gesetzes über die Körperschaften privaten Rechts

Sehr geehrte Mandanten und Geschäftspartner,

mit dieser Newsletter-Ausgabe möchten wir Sie gerne darüber informieren, dass am 01.01.2021 die Novellierung des Gesetzes über die Körperschaften privaten Rechts1 Nr. 33/2020 GBl. (nachfolgend „Gesetzesnovellierung“ genannt) in Kraft getreten ist. Diesbezüglich legen wir Ihnen nachstehend eine praktische Übersicht der wesentlichen Änderungen für Kaufleute bzw. Körperschaften privaten Rechts in diesem Jahr unter Fokussierung auf folgende Themen vor:

1. MONISTISCHES SYSTEM EINER AKTIENGESELLSCHAFT S. 1
2. AMTSWAHRNEHMUNGSVETRAG S. 2
3. AUSSCHÜTTUNG VON GEWINN UND SONSTIGEN EIGENMITTELN S. 2
4. HAFTUNG VON ORGANMITGLIEDERN S. 3
5. GESCHÄFTSANTEILE UND AKTIEN MIT ENTSENDERECHTEN S. 4

1. MONISTISCHES SYSTEM EINER AKTIENGESELLSCHAFT

Früher mussten bei Aktiengesellschaften mit monistischem System obligatorisch zwei Organe eingerichtet werden: ein geschäftsführender Direktor und der Verwaltungsrat. Mit der Gesetzesnovellierung wurde das Amt eines geschäftsführenden Direktors aufgehoben. An dessen Stelle tritt ersatzlos der Verwaltungsrat. Allein der Verwaltungsrat kann somit künftig die Befugnisse eines satzungsmäßigen Organs (Vertretungsorgans) wahrnehmen.

Die Aufhebung des Amtes des geschäftsführenden Direktors wurde im Handelsregister automatisch berücksichtigt. Sämtliche Personen, die bis Ende des vorausgegangenen Jahres als geschäftsführende Direktoren tätig waren, wurden demzufolge im Handelsregister gelöscht. In diesem Zusammenhang sind die Satzungen in Einklang mit der Neuregelung zu bringen und die etwaigen, damit einhergehenden Änderungen, insbesondere in Bezug auf die Vertretungsregelung, müssen anschließend zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden. Dies ist spätestens am Tag der Wahl der neuen Verwaltungsratsmitglieder oder bei der ersten satzungsmäßigen Änderung der Anzahl der Verwaltungsratsmitglieder zu tun.

Die Vertretungsbefugnis der bisherigen geschäftsführenden Direktoren ist mit dem Neujahr erloschen (damit geht auch das Außerkrafttreten der Zugangscodes zum elektronischen Datenpostfach der Gesellschaft einher), es sei denn, dass sie am Ende des Jahres 2020 zugleich Verwaltungsratsvorsitzende oder Verwaltungsratsmitglieder mit Vertretungsbefugnis waren. Falls daher die Gesellschaft beabsichtigt, dass diejenige Person, die vor der Gesetzesnovellierung das Amt eines geschäftsführenden Direktors bekleidet hat, die jedoch zugleich nicht Verwaltungsmitglied war, die Gesellschaft auch künftig vertritt, muss diese Person zunächst zum Verwaltungsratsmitglied bestellt werden.

Kraft Gesetzes steht die Vertretungsbefugnis allen Verwaltungsratsmitgliedern zu. Die Vertretungsbefugnis kann jedoch in der Satzung dahingehend geregelt werden, dass sie nur einigen von ihnen eingeräumt wird. Diese Änderung ist anschließend zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Auf diesem Weg kann einigen Verwaltungsratsmitgliedern nur die Befugnis zu den Entscheidungen in Sachen Geschäftsleitung eingeräumt, anderen wiederum nur die Befugnis zur Ausübung der Kontrollfunktion belassen werden.

2. AMTSWAHRNEHMUNGSVERTRAG

Die Aufmerksamkeit ist zudem auf den Amtswahrnehmungsvertrag zu richten. Dies hängt u.a. mit der Abänderung des monistischen Systems von Aktiengesellschaften zusammen. Der Amtswahrnehmungsvertrag eines geschäftsführenden Direktors erlischt nämlich gemeinsam mit dem Erlöschen seines Amtes. Falls der bisherige geschäftsführende Direktor auf Grund eines sich auf das besagte Amt beziehenden Vertrags vergütet wurde und er künftig die Vergütung als Vorsitzender bzw. Mitglied des Verwaltungsrates beziehen soll, muss die Vergütung im Vertrag über die Wahrnehmung des Amtes eines Verwaltungsratsmitglieds geregelt werden. Wird die Vergütung im Amtswahrnehmungsvertrag dagegen nicht vereinbart, so wird angenommen, dass die Wahrnehmung des Amtes eines Verwaltungsratsvorsitzenden bzw. -mitglieds unentgeltlich erfolgt.

Die Gesetzesnovellierung sieht des Weiteren vor, was bereits durch die Rechtsprechung hergeleitet wurde, und zwar, dass der Amtswahrnehmungsvertrag des Mitglieds eines gewählten Organs von Kapitalgesellschaften nicht vor dem Zeitpunkt seiner Genehmigung durch die Gesellschafter-/Hauptversammlung in Kraft tritt. Der konkrete Tag des Inkrafttretens des genehmigten Vertrags ist der Tag des Vertragsabschlusses oder der Tag der Entstehung des Amtes, je nachdem, welcher Tag später eingetreten ist. Dank dessen ist es nicht erforderlich, die für die Amtswahrnehmung auszuzahlenden Vergütungen gesondert zu genehmigen, bevor die Gesellschafter-/Hauptversammlung den Vertrag genehmigt hat. Falls der Amtswahrnehmungsvertrag aus den auf Seiten der Körperschaft privaten Rechts liegenden Gründen nicht abgeschlossen wird, steht dem Mitglied eines gewählten Organs einer Kapitalgesellschaft die zum Zeitpunkt der Entstehung seines Amtes übliche Vergütung zu.

3. AUSSCHÜTTUNG VON GEWINN UND SONSTIGEN EIGENMITTELN

Unter Berücksichtigung der bislang nur aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik hergeleiteten Regel besagt nunmehr die Gesetzesnovellierung ausdrücklich, dass der anhand eines ordnungsgemäßen Jahresabschlusses bzw. Zwischenabschlusses ermittelte Gewinn bis Ende des Geschäftsjahres ausgeschüttet werden darf, welches auf das Geschäftsjahr folgt, bezüglich dessen der Jahresabschluss aufgestellt wurde.

Nach wie vor gilt, dass die Ausschüttung von Gewinn oder sonstigen Eigenmitteln stets eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafter-/Hauptversammlung bedarf. Dieses Organ muss seine Entscheidung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des sog. Bilanztests treffen. Dieser besteht darin, dass der durch die Gesellschafter-/Hauptversammlung zur Ausschüttung vorgesehene Gewinn den
Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, des Ergebnisvortrags aus den Vorjahren zuzüglich der sonstigen Rücklagen, die die Kapitalgesellschaft oder die Genossenschaft nach ihrem Ermessen verwenden darf, jedoch vermindert um die Beträge, die in gesetzliche Rückstellungen und sonstige Rücklagen eingestellt worden sind, nicht überschreiten darf.

Kapitalgesellschaften und Genossenschaften müssen im Zusammenhang mit der Ausschüttung von Gewinn und sonstigen Eigenmitteln auch den sog. Eigenkapitaltest (Liquiditätstest) vornehmen. Dieser war bislang nur für Aktiengesellschaften pflichtig. Durch diese Maßnahme soll sichergestellt werden, dass das Eigenkapital infolge der Ausschüttung von Gewinn oder sonstigen Eigenmitteln das Stamm-/Grundkapital (das gezeichnete Kapital) zuzüglich Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft oder der Genossenschaft nicht gestattet, nicht unterschreitet.

Ein entgegen den vorstehenden Tests gefasster Beschluss einer Gesellschafter-/Hauptversammlung oder einer Mitgliederversammlung einer Genossenschaft ist neuerdings kraft Gesetzes unwirksam. Sollte das Vertretungsorgan den Gewinn oder sonstige Eigenmittel auf Grund eines derart gefassten Beschlusses ausschütten, so stellen die derart von den Gesellschaftern bzw. Genossenschaftsmitgliedern erhaltenen Leistungen eine ungerechtfertigte Bereicherung dar. Organmitglieder, die der Ausschüttung entgegen dem Gesetz zugestimmt haben, handeln nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Die Nichtbeachtung der Regeln für die Gewinnausschüttung kann somit u.a. auch die Schadenshaftung von Organmitgliedern begründen.

Vor der Ausschüttung von Gewinn oder der Beteiligung an sonstigen Eigenmitteln muss das Vertretungsorgan nach wie vor auch den Solvenztest durchführen. Der Gewinn oder die Beteiligung an sonstigen Eigenmitteln darf nicht ausgeschüttet werden, wenn die Gesellschaft oder die Genossenschaft dadurch ihre Insolvenz, d.h. die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung bewirken würde.

4. VERMÖGENSRECHTLICHE HAFTUNG VON ORGANMITGLIEDERN BEI DER INSOLVENZ

Bei Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, die die Insolvenz der Gesellschaft bewirkt hat, hat die alte Rechtsregelung die Bürgschaft des Organmitglieds begründet, falls dieses Mitglied zum Zeitpunkt der drohenden Insolvenz entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht alles Erforderliche und vernünftig Vorhersehbare zur Abwendung der Insolvenz unternommen hat.

Neuerdings ist für die Entstehung der Haftung eines Organmitglieds ausschlaggebend, (i) ob dieses Organmitglied mit der Verletzung der ihm obliegenden Pflichten zur Insolvenz der Körperschaft privaten Rechts beigetragen hat, (ii) ob die Insolvenz der Körperschaft privaten Rechts insolvenzgerichtlich festgestellt wurde und (iii) ob eine Entscheidung über die Insolvenzbereinigung im Wege des Konkurses erlassen wurde. Falls die vorstehend genannten Tatsachen eingetreten sind, wird neuerdings nicht die Bürgschaft eines Organmitglieds begründet, sondern dieses Mitglied kann vom Insolvenzverwalter auf die Rückgewährung der Leistung bis zur Differenz zwischen der Summe von Schulden und dem Wert des Vermögens der Gesellschaft in die Insolvenzmasse verklagt werden. Die Klageerhebung steht im Ermessen des Insolvenzverwalters. Beschließt es jedoch der Gläubigerausschuss, so ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Klage zu erheben.

Dadurch vereinfacht sich das Verfahren der Geltendmachung der Haftung eines Organmitglieds für den Gläubiger im Vergleich zu der Altregelung vor der Gesetzesnovellierung, in der zunächst auf die Begründung der Bürgschaft und erst anschließend oder zugleich auf die Leistung aus dem Titel der Bürgschaft geklagt werden musste.

Die konkrete Höhe der Leistung, die das haftende Organmitglied in die Insolvenzmasse der Körperschaft privaten Rechts auszukehren hat, ist von der aktuellen Differenz der Höhe der Schulden und dem Vermögenswert der Körperschaft sowie davon abhängig, inwieweit die gegenständliche Pflichtverletzung die Insolvenz der Körperschaft bewirkt hat.

Aus praktischer Sicht kommt es zur Deckelung der Haftung eines Organmitglieds. Die Haftung kann somit nunmehr höchstens die Differenz zwischen der Höhe der Schulden der konkursreifen Körperschaft und dem Wert ihres Vermögens erreichen. Auf Seiten der Gläubiger kann die Neuregelung in bestimmter Hinsicht die Schlechterstellung bewirken, da ihre Forderungen nur auf Grund einer vom Insolvenzverwalter erhobenen Klage befriedigt werden können. Eine individuelle Geltendmachung von Forderungen der Gläubiger einer Körperschaft privaten Rechts gegen ein Organmitglied ist gänzlich ausgeschlossen.

Im Falle eines Konkurses oder der Sanierung bleibt die Möglichkeit des Insolvenzverwalters zum Verlangen nach der Herausgabe einer Vergütung oder anderer Leistungen, die ein Organmitglied auf Grund des Amtswahrnehmungsvertrags erlangt hat bzw. eines anderen Vorteils in die Insolvenzmasse nach wie vor aufrechterhalten, und zwar für den Zeitraum von zwei Jahren rückwirkend vor der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

5. GESCHÄFTSANTEILE UND AKTIEN MIT ENTSENDERECHTEN

Das Entsenderecht besteht im Recht eines Anteilseigners oder eines Aktieninhabers, eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern des betreffenden Organs zu bestellen und abzuberufen, dessen ungeachtet, über wie viele Stimmen der Gesellschafter (Aktionär) in der Gesellschaft verfügt oder welchen Anteil am Stammkapital er einnimmt oder welchen Anteil seine Aktien am Grundkapital ausmachen.

Die Gesetzesnovellierung ermöglicht, dass mit einem Anteil oder einer Aktie das Recht verbunden wird, ein Mitglied oder mehrere Mitglieder eines gewählten Organs der Gesellschaft zu bestellen bzw. abzuberufen. Die Anzahl der Mitglieder, deren Amt der betreffende Gesellschafter/Aktionär in dieser Weise beeinflussen kann, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung.

Mindestens die Hälfte der Mitglieder eines gewählten Organs muss jedoch durch die Gesellschafter-/Hauptversammlung gewählt werden. Die Einführung bzw. die Änderung des Entsenderechts von Anteilsinhabern bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Rahmen einer Aktiengesellschaft bedarf dieser Beschluss der Zustimmung der Dreiviertelmehrheit aller Aktionäre.

Ein Gesellschafter, dem das Entsenderecht zusteht, kann die betreffenden Mitglieder eines gewählten Organs schriftlich mit amtlich beglaubigter Unterschrift bestellen. Die Gesellschafterversammlung darf das seinerseits bestellte Mitglied eines gewählten Organs nur in Ausnahmefällen abberufen (wie etwa beim Erlöschen des Entsenderechts).

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Wir hoffen, Ihnen mit unserem Newsletter weitergeholfen zu haben. Wir sind gerne bereit, Sie bei der Lösung Ihrer diesbezüglichen Anliegen jederzeit zu unterstützen.

Ihr LTA-Team

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1 Gesetz Nr. 90/2012 GBl., über die Handelsgesellschaften und Genossenschaften („Gesetz über die Körperschaften privaten Rechts“)